Zur Geschichte

In der Festschrift zum 125jährigen Bestehen des Kirchengebäudes im Jahre 1982 schrieb Pfarrverweser Reinhard Zuberer:

 

„Züttlingen hat eine reiche geschichtliche Vergangenheit. Der Ort ist eine alte alemannische Siedlung. Urkundlich erscheint er zur Zeit des Frankenkönigs Pipin (8. Jahrhundert) erstmals. Ab 846 war der Ort ein Reichslehen und blieb nun durch viele Jahrhunderte hindurch mit vielen Adelsgeschlechtern, vor allem mit denen von Ellrichshausen, verbunden, die seine Geschichte maßgeblich mitbestimmten. Erst im Jahre 1806 ist Züttlingen württembergisch geworden.

 

Die Reformation hat in Züttlingen früh Eingang gefunden. Im Jahr 1539 nahm die Gemeinde einen Pfarrer auf, der aus Sindeldorf bei Künzelsau wegen evangelischer Predigt und Sakramentsausteilung vertrieben worden war.

Fast in der Mitte des Ortes erhebt sich die stattliche und geräumige evangelische Kirche. Sie wurde in den Jahren 1856/57 von Gemeinde und Gutsherrschaft nach den Plänen von Bausinspektor de Millas aus Heilbronn im neoromanischen Stil erbaut und am 15. November 1857 in einem Festgottesdienst ihrer Bestimmung übergeben. Über dem Haupteingang erhebt sich der viereckige aus Blausteinen erbaute 40 Meter hohe Kirchturm noch in zwei Stockwerken. Drei [heute: Fünf] Glocken sind in ihm aufgehängt und geben ein harmonisches Geläute. Zwei davon, Heimatglocke und Friedensglocke, wurden im Jahr 19590 von der Glockengießerei Bachert in Heilbronn neu gegossen, die dritte, kleine Glocke, das Taufglöcklein, wurde im 14. Jahrhundert gegossen und stammt noch aus der alten Assumstädter Kirche. [2002 kamen aus der Glockengießerei Bachert die beiden großen Glocken dank zweier privater Stiftungen hinzu.]

Durch die Schaffung des neuen Gotteshauses wurde in der Gemeinde ein langjähriger Notstand behoben, mussten dich über 20 Jahre lang die Gottesdienste der evangelischen Gemeinde teils in den Zuckerböden der Zuckerfabrik, teils in der Schule zu Assumstadt oder im Saale des Assumstädter Schlosses und zuletzt gar in der Kelter abgehalten werden. 

Die alte Züttlinger Kirche war wohl sehr klein, etwa 11x6 Meter im Kirchenschiff. Sie stand in der Mitte des jetzigen Friedhofs und scheint ursprünglich nur zu Trauergottesdiensten, Taufen und Trauungen benützt worden zu sein. Alle sonn- und feiertäglichen Gottesdienste aber fanden für Züttlingen und Assumstadt in Assumstadt statt. Die dortige Kirche wurde aber wegen Baufälligkeit im Jahre 1799 abgebrochen. Alle Gottesdienste mussten nun in der Züttlinger Kirche auf dem Friedhof abgehalten werden. Doch auch diese war schon viele Jahre lang baufällig, wurde polizeilich geschlossen und im Jahr 1844 abgebrochen. Von dieser alten Kirche steht noch der vieleckige Chor, welchen die Herren von Ellrichshausen von der Gemeinde gekauft und zu einer Kapelle mit Familiengruft eingerichtet haben.

 

Langjährige und schwierige Verhandlungen waren notwendig, bis endlich im Jahre 1855 ein Finanzierungsplan aufgestellt und vorgelegt werden konnte. Zwischen den Freiherren von Ellrichshausen einerseits und dem Stiftungsrat und Bürgerausschuss andererseits wurden wegen der Bezahlung des Kirchbaus nachstehende Übereinstimmung getroffen: „Die Freiherren von Ellrichshausen leisten zum Neubau der Kirche in Züttlingen aus dem infolge der Zehnt- und Kirchlastablösung zu zahlenden hälftigen Anteil als Inhaber der Teilgemeinden Assumstadt und Maisenhälden einen Beitrag von 1500 Gulden.“ Generalmajor von Troyff gab als damaliger Besitzer von Domeneck 500 Gulden. Die Zuckerfabrik spendete 200 Gulden, allgemeine Spenden waren es 1920 Gulden, und durch Entschließung Seiner Königlichen Majestät von Württemberg erhielt die Gemeinde einen Staatsbeitrag von 1000 Gulden. Die Gesamtkosten des Kirchbaus beliefen sich auf 27340 Gulden und 39 Kreuzer. Als Bauzeit können zwei Jahre angenommen werden.

 

Pfarrverweser über die Zeit des Kirchenbaus war hier im Jahre 1857 Vikar Wurm, der Vater des ersten württembergischen Landesbischofs; er hat die Einweihung der neuen Kirche gestalten helfen.

 

Der Baumeister der Kirche gab seinem Bauwerk eine Lebensdauer von 450 Jahren. Dennoch mussten Erneuerungsarbeiten in großem Umfang vorgenommen werden: 1965 wurden die Kirchenfenster erneuert. 1969 [und 1992] erfolgte die Innenerneuerung und im Mai 1972 [und 1992] wurde die Außenrenovierung und die Sanierung des Turmes in Angriff genommen.“

Züttlinger Pfarrarchiv

Im Jahr 2011 wurden im Zuge unserer Erweiterung des Gemeindehauses alle alte Unterlagen des Züttlinger Pfarrarchives in das Landeskirchliche rchiv nach Stuttgart überbracht. Hier werden alle Bücher ordnungsgemäß, sicher und geschützt aufbewahrt.

Um nachzuvollziehen, welche "Züttlinger Schätze" in das Landeskirchliche Archiv überbracht wurden, erstellte Frau Ute Schüßler aus Roigheim für uns ein "Findbuch". Im Rahmen eines Gemeindeabends stellte Sie uns dieses vor:

 

Hier finden Sie den Inhalt unseres Pfarrarchives - "Findbuch"

Tektonik - landeskirchliches Archiv - G Pfarrarchive - Orte mit Z - G459 Evangelische Pfarramt Züttlingen

Vortrag im Sommer 2023 in Züttlingen:

 

 

Auf dem direkten Weg ging es nach dem Vortrag in Roigheim für Ute Schüßler, Birgitta Häberle und Dr. Bertram Fink nach Züttlingen.

 

Über 25 interessierte Personen aus nah und fern, ehemalige und heutige Züttlinger, Zugezogene und „Ureinwohner“, erwarteten die drei bei wunderschönem Sommerwetter und waren gespannt, was es zu unserem Pfarrarchiv zu berichten gab.

 

Zuerst war aber für das kulinarische Wohl gesorgt: Bei Wurst und Grillkäse im Weck und kühlen Getränken war Zeit für das erste Schwätzchen über die gute alte Zeit.

 

Der kurzweilige Vortrag war aufgeteilt in die Beiträge von Dr. Bertram Fink, der allgemein über das landeskirchliche Archiv in Stuttgart-Möhringen und die Möglichkeiten der Recherche informierte und von Birgitta Häberer, die vieles über die verschiedenen Kirchenbücher und Archivarien zu berichten wusste.

 

Zwischen diesen beiden Beiträgen hatte der Bericht von Ute Schüßler Platz. Mit viel Spaß und Freude hat sie unsere ganzen Unterlagen aus dem Pfarrarchiv, das im Zuge unseres Umbaus im Jahr 2012 nach Stuttgart verlagert wurde, gesichtet. Alle Bücher und Dokumente wurden von Ihr in ein „Findbuch“ eingetragen. Schauen Sie mal unter www.archiv.elk-wue.de vorbei. Hier sehen Sie unsere gesamten Bestände, die einzelnen Dokumente können dann vor Ort im Archiv gelesen werden.

 

Nicht nur über das kirchliche Leben, z.B. ob und wie man uneheliche Kinder taufen soll und darf, konnte Frau Schüßler berichten. Ein Brief der Entrüstung von Mitgliedern der Kirchengemeinde über das Vorgehen gegen Landesbischof Wurm war in den Unterlagen zu finden. Ein großes Thema waren natürlich auch die Herren zu Ellrichshausen, die ehemalige Kirche (heutige Friedhofskappelle) und der Neubau unserer heutigen Kirche. Aber auch „weltliche“ Informationen konnten aufgetan werden: Ein Brief übersandt von der Württ. Landeskartoffelstelle:

„Kohlrübe statt Kartoffel: Der geringere Ausfall der letzten Kartoffelernte nötigt dazu, Ersatzmittel heranzuziehen. Die Kohlrübe, überall wo es an Kartoffeln mangelt, sollen Rüben eingesetzt werden.“ Von 1935 war ein Schriftstück zu finden mit dem Vermerk „EILT SEHR“ betreff Kinderlähmung in den Kreisen Hall und Gaildorf. In verschiedenen Orten ist eine Epidemie von spinaler Kinderlähmung ausgebrochen.

 

Mit vielen weiteren Beispielen, darunter sowohl ernste Themen aber auch Anekdoten zum Schmunzeln, ging der Abend langsam dem Ende entgegen.

Wir bedanken uns bei allen Beteiligten für diesen interessanten Vortrag.